22.08.2011
Land: Tadschikistan Tadschikistan
KM: 9340

Murghab – Der einzige Raum in dem kleinen Haus war praktisch leer. Wir hocken mit unseren zwei Gastgebern gegen 20 Uhr vor einem wärmenden Ofen, es gibt Tee und trocken Brot. Eine Petroleumlampe spendet schummriges Licht und in der Ecke liegt ein Stapel Decken und Matratzen. Wir sind auf 3500 Meter Höhe, das Thermometer zeigt 5 Grad und unsere Gastgeber sind zwei Straßenarbeiter, die hier für 10 Tage stationiert sind, bevor sie wieder für 10 Tage nach Hause dürfen. 20 km zurück und 80 km voraus ist nur sandige und steinige Piste, sonst nichts. Wir waren auf den letzten 100 km der sogenannten Südroute des Pamir-Highways unterwegs, beim Anstieg zum Khargush-Pass (2900 auf 4300 Meter Höhe), als uns die beiden bei einbrechender Dunkelheit in ihr bescheidenes Heim zur Übernachtung einluden.

Das östliche Ende der Südroute erschwert den Trip durch das unwirtliche Gebirge um einiges. Wie so oft treibt der Ehrgeiz komische Blüten und wir mussten natürlich auch diese Herausforderung annehmen. Mit „wir schieben unsere rund 50 Kilo schweren Reiseräder“ haben wir eine neue Disziplin kennengelernt. Immer wieder machen extreme Steigungen und Sand das Radeln unmöglich und wir müssen absteigen. Uns begegnen 1-2 Autos pro Tag sowie ein paar Hirten. Trotzdem gibt es natürlich auch hier, wie überall in Tadschikistan, alle rund 100 km einen Checkpoint mit Passkontrolle. Der Blick auf die weiße Bergkette des Hindukusch und eine tolle einsame Zeltnacht auf 4200 Meter Höhe (minus 3 Grad in der Früh!) entschädigen für einiges. Trotzdem müssen wir zugeben, dass wir hier die Grenze zwischen Anstrengung und Belohnung eigentlich überschritten haben. Die Erklärung vor sich selbst, warum man sich das antut, fällt schwer. Aber auch das ist hoffentlich eine wichtige Erfahrung für die Auswahl kommender Strecken.

Als wir nach hunderten von Pisten-Kilometern auf das Asphaltband des offiziellen Pamir-Highways einbiegen, ist die Freude groß und zum kompletten Glück bläst uns auch noch ein kräftiger Rückenwind über den Neizatash-Pass (4300 Meter) nach Murghab (3600 Meter), unserem jetzigen Standort. Wir liegen mit Stirnlampen im Bett, da die Elektrizität kaum funktioniert. Fließend Wasser gibt es nicht im Ort und im tatsächlich vorhandenen Internetcafe hat man das Gefühl, in einer Funkstation aus dem zweiten Weltkrieg gelandet zu sein (nach einer Stunde bin ich unverrichteter Dinge gegangen).

Mein Lieblingsspielzeug ist aktuell der Höhenmesser des Fahrradcomputers S725X von Polar.  Ohne eine entsprechende Anzeige kann ich mir das Radeln in diesen extremen Höhen kaum vorstellen. Nach dem unser altes Gerät kaputt gegangen ist, hat uns Polar Deutschland (www.polar-deutschland.de) unkompliziert ein neues zur Verfügung gestellt. Für die Unterstützung an dieser Stelle vielen Dank.

Aller Anstrengung zum Trotz begeistert uns die Welt des Pamir-Gebirges. Neben den landschaftlichen Eindrücken gewöhnen wir uns sogar an den bescheidenen Lebensstil, insbesondere beim Essen. Es gibt wenig zu kaufen. Da wird schon mal altes Brot mit Zucker und Zimt veredelt; Nudeln  mit Zwiebeln oder Kartoffeln nur mit Salz und Pfeffer sind ein Festessen. Noch rund 200 km Tadschikistan u.a. mit dem Ak-Baital-Pass (4600 Meter) liegen vor uns, dann geht es weiter über Kirgistan (Sary Tash) nach China (Kashgar).

Apropos Essen. Als unsere Straßenarbeiter unsere morgendliche Müsli-Zeremonie mit diversen Zutaten beobachteten (was die alles aus ihren vielen Taschen holen!), starrten sie uns fassungslos an und schüttelten den Kopf. Schon die Idee, mit dem Fahrrad auf ihren steilen Wegen herum zu kurbeln war doch eigentlich verrückt genug.



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Kommentare

Sabine, 29-08-11 20:52:
Hallo ihr zwei,

ich lese mit Begeisterung, was ihr auf dieser Welt seht und erlebt! Leider komme ich nicht immer dazu und muss ein paar Berichte nachholen! Jetzt bin ich aber auf dem aktuellen Stand, nur die Fotos muss ich mir noch vornehmen!

Als ihr durch den Iran geradelt seid, ist unsere zweite Tochter geboren ( Nele, 29.06.2011) und Maja ist mit ihren fast drei Jahren eine stolze große Schwester!
Wenn ihr wieder heimischen Boden betretet, kann Nele laufen und Maja Fahrrad fahren!

Ich wünsche euch noch aufregende Erlebnisse, atembraubende
Ansgar, 27-08-11 20:51:
tolle Bilder, schöne Berichte wir schauen immer mal und sind begeistert und fasziniert! Passt gut auf euch auf und weiterhin viel Power!!
Liebe Grüße
Dorothea und Ansgar
Anne+, 23-08-11 09:50:
Hey, ihr zwei Helden! Köpfe hoch, Mundwinkel auseinander und Augen weit öffnen - und wenns jetzt noch geht klatscht in die Hände... naaaa - fühlt sichs schon besser an? ;O) Ich glaube wir finden alle, dass ihr euch superklasse schlagt (und abrackert) und würden euch soooo gern unterstützen wenn mal solch kleine Motivationstiefs über euch hereinbrechen! Mehr als Daumen drücken, an euch denken und so ziemlich jeden Tag eure Seite checken können wir leider aber gerade nicht... (was daran liegen könnte, dass IHR irgendwo am A.... der Welt eure Räder umherschiebt!) *grins* Ne, ganz in Ernst: ich zieh alle Hüte vor euch und fiebere total mit (solange ich noch Zeit dazu hab, weil ab Ende der Woche verändert sich mein "+" vermutlich in einen reellen, scheienden und hoffentlich gesunden Menschen, der mich dann sicher voll auf Trab halten wird! Denken werd ich aber sicher weiterhin an euch! In diesem Sinne: alles Gute weiterhin, viel Kraft und Durchhaltevermögen... jammert nicht rum - so habt ihrs gewollt, gel? ;O) Fühlt euch motivierend umarmt (soweit ich noch rumkomm) Eure Anne+
Mario, 23-08-11 08:49:
Eur Bilder und der Bericht wie imer super auschmückend habe gerade das ganze Büro damit angesteckt die Tour weiterhin zu verfolgen.

Grüße aus Thüringen Sabi & Mario
Tim, 23-08-11 03:28:
Immer wieder unglaublich, eure Erlebnisse, Berichte und Fotos. Die neue Diziplin Fahrrad schieben, hört sich nicht wirklich gut an, aber ihr scheint es mit Humor zu tragen. Ich wünsche euch ganz viel Kraft und trotz des Kampfes mit den Höhenmetern immer ein Lachen im Herzen. Aehm, mal 'ne dumme Frage! Woher bekommt ihr denn eigentlich euer Müsli her, wenn Nudeln mit Zwiebeln und Salz schon ein Festmahl sind???
Und ja die Hertha hat ganz gut gespielt, das Ergebnis ist jedoch sehr schmeichelhaft für die Hauptstädter, da ein regulärer Freistosstreffer von 96 nicht vom Schiedsrichter anerkannt wurde. Angeblich soll Yakonan ein Foul gegangen haben als der Ball ins Tor trudelte. Komisch nur, das niemand außer dem Schiri dieses Foul gesehen hat. Denn dann wäre 96 Tabellenführer, grins. Na ja, Gladbach ist mindestens genauso überraschend. Liebe Grüsse aus Hannover ich wünsche euch Rückenwind und das euer Material das Gebirge übersteht. Tim
P.s. Wäre eh mal interessant zu erfahren wieviel Bremsbelaege,Reifen und Sonstiges ihr schon verbraucht habt
Kai, 22-08-11 12:12:
Das bei den Höhenmetern, die Ihr gerade schrubbt, der ein oder andere Höhenmesser kapituliert, kann ich verstehen:) Aber mich würde mal interessieren, wie das Ersatzgerät zu Euch gelangt ist...

Achja, damit Ihr auf dem Laufenden bleibt: Bine und Felix haben gestern das X-Race gewonnen...

Eure Bilder sind immer wieder der Hammer! Weiterhin alles Gute:)
Michael, 22-08-11 11:58:
Moin,
Natürlich sind die Bedingungen extrem schwer,man kann schon sagen, dass das Extrem-Tracking ist, aber versucht durchzuhalten.
Haltet zusammen und muntert euch gegenseitig auf, ihr habt euch und schon bald werdet ihr über die Tour schmunzeln.
Hertha ist übrigens besser als gedacht, die spielen einen richtig guten Fussball, der HSV dagegen wird gegen den Abstieg spielen.
Herta-H96 = 1 : 1
Bayer-HSV = 0 : 5
Gladbach ist 1.!!!
Liebe Grüße aus Schleswig-Holstein
Kerstin und Michael

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